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Sportunion Leoben

Unter dem Motto "In die Zukunft blicken, aber die Vergangenheit nicht vergessen" (Zitat Franz Rietner) berichten wir in den kommenden Wochen über Anekdoten und interessante, teils legendäre Geschichten unserer Vergangenheit. Wir sprechen mit Zeitzeugen, bringen spannende - teils in Vergessenheit geratene - Berichte und Interviews wieder ans Tageslicht. 

Teil 2 mit einer Rückschau auf seine Anfänge bei der Union Leoben vom heutigen Ehrenmitglied und ehemaligen Präsident (1995-2004) Herrn Dipl. Ing. Günther Schober...
Als nunmehr eines der ältesten Mitglieder der Sportunion Leoben denke ich an das Gründungsjahr 1947 zurück, das geprägt war von Kriegsvandalismus, Bombenschäden, Wohnungsnot und Lebensmittelkarten. Am 3. Juli 1947 erfolgte die behördliche Genehmigung und damit die Gründung der Sportunion Leoben als 1 von 6 Gründervereinen. Erster Obmann war Wilhelm Zörkler, die ersten Sportarten waren Faustball, Turnen, Schwimmen, Tischtennis und Handball.

Der Turnunterricht an den Schulen verlief damals ungeordnet, ja vielfach chaotisch oder fand ganz einfach gar nicht statt. Viele Turnlehrer waren im Krieg gefallen oder gerieten in Gefangenschaft. Einige waren als Nationalsozialisten „gemaßregelt“ und arbeitslos, die angehenden Junglehrer waren erst in Ausbildung. Ich trat der Turnsektion der Sportunion Leoben 1948 oder 1949 bei. Geturnt wurde im damaligen Alten Gymnasium, in einem sehr kleinen Turnsaal im Keller. Meine Vorturnerin war Maria Nötzlin – ein späteres Ehrenmitglied der Sportunion Leoben.

Anfang der 50-iger Jahre erfolgte ein Aufschwung der Sportunion Leoben durch den Eintritt von zwei Sportlehrern des Gymnasiums Leoben. Prof. Fuchs durfte nach seinem Berufsverbot wieder tätig sein und Prof. Rocher hatte nach Krieg und Gefangenschaft sein Studium beendet.

Ich selbst bekam um 1950 Kontakt zum Handball. Die Kampfmannschaft der Sportunion Leoben nahm seit 1948 an der Meisterschaft teil und war dabei, eine Jugendmannschaft aufzubauen. Ich wurde mit mehreren Schulkameraden zum Schulhof der Volksschule Leoben bestellt. Dorthin kam Franz Rietner mit einem Waffenrad und einem Rucksack voll mit Bällen. Mit unserem Gewand wurden Tore markiert, ein Tippen war wegen der hohen Grasbüschel nicht möglich – so versuchten wir uns im schnellen Direktspiel. Bereits einige Wochen später hatten wir - auch durch das Dazukommen von einigen Werksschülern der Alpine Montangesellschaft – genug Spieler, um mit der Jugendmannschaft Meisterschaft spielen zu können. Die ersten Spiele gingen jedoch naturgemäß sehr hoch verloren.

1951 fanden die Union-Bundeskampfspiele in Wien statt. Für den Wechsel in die russische Besatzungszone war ein Identitätsausweis erforderlich. Gefahren wurde mit dem Zug, die Unterbringung erfolgte in einem Turnsaal mit Matratzen. Sportlich waren wir noch nicht so weit, sodass wir schlussendlich das Entscheidungsspiel um den letzten Platz bestreiten mussten. Leider ging dies kampflos verloren, da wir in der Stadtbahn in die falsche Richtung eingestiegen sind und so nicht rechtzeitig zum Spiel kamen.

Die Fahrten zu den Auswärtsspielen waren jedes Mal ein Abenteuer. Wir verwendeten Lastwagen, auf deren Ladefläche leere Bierfässer standen, auf denen Holzplanken aufgelegt waren. Je nach Wetter fuhren wir frei oder mit Plane. An der Färbung unserer Kleidung erkannte jedermann sofort, ob wir mit dem Kohlewagen der Firma Griessler oder mit dem Kalkwagen der Firma Mayr Melnhof unterwegs waren.

1952 machten wir unsere 1. Auslandsreise. Meines Wissens waren wir der erste steirische Handballverein im Ausland. Als Fahrtkostenbeitrag mussten wir 200 Schilling dazuzahlen. Ich verdiente mir dieses Geld durch Arbeit in der Gösser Brauerei, wo ich durch Flaschenwaschen und Malz umstechen einen Stundenlohn von 5,70 Schilling bekam. Für den Reisepass benötigte ich die Unterschrift meiner Mutter. Für die Gegenleistung von diversen Reparaturarbeiten zuhause war auch diese Hürde zu schaffen. Wir fuhren mit einem alten Autobus, ein Vorkriegsmodell, dessen Klimaanlage aus kaputten Fensterscheiben bestand. Als Abdichtung gegen Regen dienten Pappendeckel.

Die Abfahrt war um 16 Uhr. Es gab keine Autobahnen, die Hauptstraßen waren zum Großteil nicht asphaltiert, sondern hatten einen Schotterbelag und waren staubig. Es gab keine Umfahrungen, die Straßen führten durch jedes Dorf, jeder Hauptplatz wurde angefahren. Es gab viele Kurven und so war es kein Wunder, dass sich ein Großteil von uns schon nach ein paar Kurven übergeben musste – ich war auch dabei. Wahrscheinlich hatte auch die Aufregung, das erste Mal ins Ausland zu kommen, mitgespielt.

Unser Reiseleiter und Sektionsleiter Rietner wusste von einem Kaffeemangel in Deutschland, sodass wir etliche Säcke Kaffee mitgenommen hatten. An der Grenze fiel den Zöllnern der Kaffeegeruch sofort auf. Rietner behauptete, dies sei Hasenfutter für unsere Gastgeber. Als der Zöllner dies nicht glauben wollte, sagte Rietner einfach: „Wenn sie das nicht fressen, bekommen sie halt gar nichts“. Damit war auch diese Hürde geschafft und wir kamen nach mehr als 24 Fahrstunden in Marbach an. Dies war leider erst eine halbe Stunde nach der festgesetzten Spielzeit, doch die Zuschauer hatten ausgeharrt und nach zwei Ehrenrunden zum Aufwärmen fand das Spiel statt.

Die gute Aufbauarbeit der Jugend trug Früchte und 1954 wurde die Jugend, die sich erstmals 4 Jahre zuvor am Schulhof der Leobner Volksschule getroffen hatte und seither kaum verändert war, ungeschlagen Meister der „Gruppe Obersteierermark“ und belegte in den durchgeführten Entscheidungsspielen hinter Union Graz und vor ATUS Bruck den 2. Platz.

Aus der Jugend entwachsen begann für mich damals der Kampf um ein „Leiberl“ in der Kampfmannschaft, welches ich dann 1956 erstmals in einem Meisterschaftsspiel erhielt.

1958 war ein denkwürdiges Jahr. Ich stand unmittelbar vor dem Ende meines Studiums, hatte an einem Freitag meine Staatsprüfung erfolgreich abgelegt und bekam am darauffolgenden Samstag um 15 Uhr mein Zeugnis überreicht. Um 17 Uhr fand jedoch das letzte und entscheidende Spiel in der Meisterschaft statt. Nur ein Sieg konnte uns zum langersehnten Aufstieg in die Landesliga verhelfen. Es gelang mir, rechtzeitig zum Spiel zu erscheinen und wir konnten Eisenerz auch besiegen, sodass der erstmalige Aufstieg in die Landesliga Wirklichkeit wurde.

Danach begann mein Berufsleben als Schichtassistent im Stahlwerk der Alpine Montangesellschaft in Donawitz. Wir hatten damals eine 48-Stunden-Woche und an zwei Sonntagen im Monat eine 12-Stunden-Schicht. Durch diese Belastung waren ein geordnetes Handballtraining und eine gesicherte Teilnahme an den Meisterschaftsspielen nicht mehr möglich, sodass ich nach einem halben Jahr Berufsleben den aktiven Handballsport schweren Herzens aufgeben musste.

1959 oder 1960 bekam unsere Spielstätte, das Stadion Leoben, einen neuen Rasen und wir mussten auf die Sportstätten Hinterberg und Donawitz ausweichen.

Mitte der 60-iger Jahre erfolgte die Umstellung von Großfeld-Handball auf Kleinfeld-Handball und bald darauf auf den ausschließlichen Hallenbetrieb. Leoben hatte damals noch keine Halle, sodass wir nach Trofaiach, Bruck oder Kapfenberg ausweichen mussten. Dieses Fehlen einer eigenen Sportstätte erforderte einen besonderen Teamgeist, den die Führungscrew unter Franz Rietner, der die Sektion von Beginn an für Jahrzehnte leitete, und unsere Mannschaft jederzeit aufbrachten.

(Auszug aus der Rede von Dipl. Ing. Günther Schober anlässlich des 70-Jahr-Jubiläums der Union JURI Leoben im Jahr 2017)


In der nächsten Rückschau gibt es unter anderem einige alte Fotos zu betrachen und ein Interview mit dem jetzigen Präsidenten der Union JURI Leoben, Ing. Roberto Pacnik, über seine Anfänge im Verein sowie einigen lustigen Anekdoten...

("In die Zukunft blicken, aber die Vergangenheit nicht vergessen" - Teil 2, MP)Anmerkung 2020 04 14 181341

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